Das Autismus-Spektrum äußert sich durch eine Vielzahl von Symptomen, die bei jedem Betroffenen völlig unterschiedlich sein können.
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Kategorie: Über Autismus •
Letzte Änderungen am: 18.06.2022 •
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Die Autismus-Spektrum-Störung beinhaltet eine Kombination aus verschiedensten Symptomen, die bei jedem Betroffenen völlig anders und unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Zusammengefasst betreffen sie die folgenden Bereiche:
Soziale Interaktion
Kommunikation
Verhaltensweisen und Interessen
Aufgrund des breiten Spektrums an Symptomen und Ausprägungen gibt es kein einheitliches Bild von Autismus. Gemäß vorheriger Diagnostikvorgaben musste in jedem der genannten Bereiche eine bestimmte Anzahl an Symptomen vorliegen, um die Diagnose stellen zu können.
Dadurch, dass im neuen ICD-11 nun anstelle der einzelnen Autismus-Formen nur noch von der Autismus-Spektrum-Störung gesprochen wird, könnte sich dies künftig ändern.
Beim Asperger-Autismus zum Beispiel lag im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus (Kanner-Syndrom) oft keine sprachliche oder kognitivie Beeinträchtung vor, wodurch auch die Symptome sehr anders ausfallen können.
Die folgende Auflistung beschreibt die bekanntesten Symptome.
Zwar erfolgt keine Unterscheidung mehr in Asperger- oder Kanner-Syndrom, der Einfachheit halber beziehen wir uns jedoch teilweise darauf, um die Unterschiede innerhalb des Spektrums darzustellen.
Autismus bei Frauen
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1. Kommunikation
Betroffene sprechen nicht, obwohl keine körperliche Ursache dafür vorliegt. Teilweise fehlt einfach das Verständnis dafür, wozu Sprache dient – sie ist für sie nur eine Ansammlung von Lauten ohne Funktion. Kommuniziert wird stattdessen über Gesten, oder das Einbinden in ihre Interessen.
Obwohl generell gesprochen werden kann, kann zum Beispiel unter Stress die Fähigkeit zum Sprechen abhanden kommen. In manchen Fällen sind sogar auch andere, nonverbale Kommunikationsmittel betroffen. Dies wird nicht bewusst gesteuert, sondern ist in diesen Momenten schlichtweg nicht möglich.
Eine Sprachentwicklungsverzögerung liegt häufig beim Kanner-Syndrom, also dem frühkindlichen Autismus vor. Teilweise wird die Sprache danach dennoch genauso wie ohne eine vorliegende Entwicklungsverzögerung erlernt, nur eben später, teilweise bleibt ein Unterschied bestehen.
Im Gegensatz zur Entwicklungsverzögerung kann genauso auch eine vorzeitige Entwicklung des Sprechens vorkommen.
Vor allem beim Asperger-Autismus entwickeln viele Kinder eine sehr ausgereifte, erwachsen klingende Sprache – im Englischen bezeichnet man das auch als „Little Professor Syndrome“.
Einigen Betroffenen fällt die Regulierung der Intonation oder Lautstärke schwer, wodurch sie monoton, zu laut oder zu leise sprechen, ohne es selbst zu bemerken. Ernst gemeinte oder lustige Aussagen sind dabei für andere schwer zu unterscheiden.
Ebenso sind auch für Betroffene ironische oder sarkastische Aussagen manchmal schwer erkennbar, da die Unterschiede in Betonung oder Mimik nicht wahrgenommen werden. Dinge werden stattdessen wörtlich genommen.
Während manche Dinge eindeutig sind, gibt es auch Aussagen, deren eigentlicher Inhalt sozusagen versteckt ist. Was für andere völlig offensichtlich ist, ist für Betroffene manchmal einfach nur ein großes Fragezeichen.
Beispiel: Zwei Personen in einem Haushalt wollen einkaufen gehen, und schreiben eine Einkaufsliste. Person A sagt: „Es ist kein Brot mehr da.“ Die eigentliche Aussage wäre folgerichtig, dass Brot gekauft und somit auf die Einkaufsliste geschrieben werden muss. Für Person B ist es aber nicht implizit, hier wäre die einfachere Aussage „Wir müssen Brot kaufen.“
Viele Betroffene neigen dazu, sehr lange und ununterbrochen vor allem über ihre Spezialinteressen zu reden. Es fällt schwer zu erkennen, ob das Gegenüber an dem Thema überhaupt interessiert ist, und anstelle eines Dialogs wird ein Monolog geführt.
Hauptsächlich im Kindesalter, teilweise aber auch im höheren Alter, wird das Wiederholen von Worten oder ganzen Sätzen als Kommunikationsmittel oder auch als Stimming genutzt. Manche Betroffene beruhigen sich auch durch die Wiederholung von einzelnen Lauten.
2. Soziale Interaktion
Während Blickkontakt für die meisten Menschen normal ist, kann er für Betroffene unerträglich sein. Wegzuschauen ist kein Zeichen von Desinteresse, sondern vielmehr ein Schutzreflex: Bei Studien hat sich herausgestellt, dass eine erhöhte neurologische Reaktion auf direkten Augenkontakt erfolgt, und neben Stress sogar Angst auslösen kann.
Autismus ist im Grunde eine neurologische Abweichung, vor allem auch bei sensorischen Reizen. Händeschütteln kann daher extrem unangenehm empfunden werden.
Durch die andere Verarbeitung sensorischer Reize und den damit verbundenen Implikationen halten in seltenen Fällen manche Betroffene zu wenig Abstand zu anderen, oder berühren sie unangemessen, zum Beispiel durch Ablecken zur Begrüßung.
In den meisten Fällen jedoch meiden sie Körperkontakt, oder lassen ihn nur zu, wenn sie wissen was auf sie zukommt. Das sollte zum Beispiel bei Arztbesuchen vorab kommuniziert werden.
Welche Themen in der jeweiligen Situation angebracht sind, kann für manche Betroffene schwer erkennbar sein. Zum Beispiel sind die „ungeschriebenen Regeln“ des Berufslebens, was man seinem Chef erzählen sollte und was nicht, für sie weniger offensichtlich als für andere.
Umgekehrt erschwert es auch die Kontaktaufnahme zu potenziellen neuen Freunden, da es umso schwerer ist, den Gesprächseinstieg zu finden.
Oft wird behauptet, Autisten und Autistinnen besäßen keine Empathie. Diese Annahme ist schon lange widerlegt, aber zumindest teilweise kann sie zutreffen: Manche haben Schwierigkeiten mit der kognitiven Empathie. Sie empfinden genauso emotionale Empathie wie jeder andere auch (teilweise sogar stärker), aber das logische Verständnis dahinter fehlt teilweise. Durch das erschwerte Erkennen von Mimik und Tonfall werden Emotionen manchmal nicht richtig erkannt.
3. Motorik
Auch bei der körperlichen Entwicklung können Einschränkungen auftreten, sowohl bei Fein- als auch bei Grobmotorik.
Feinmotorik ist zum Beispiel die Hand-Finger-Koordination, Augen- oder Mundbewegungen. Grobmotorik ist zum Beispiel das Laufen oder Springen.
Manche Betroffene erlernen erst spät das Laufen oder Handbewegungen, teilweise wird dieser Unterschied später ausgeglichen, in manchen Fällen bleibt er bestehen.
Zum Stressausgleich oder zur Vermeidung einer Reizüberflutung haben sich viele Betroffene Verhaltensweisen angeeignet, die sie davon ablenken und davor schützen. Man nennt das „Stimming“, abgeleitet vom englischen „Self-stimuating behaviour“. Zum Beispiel kann dies mittels bestimmter Bewegungen, aber auch Geräuschen erfolgen.
4. Verhaltensweisen und Interessen
Da feste und planbare Abläufe ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle vermitteln, können Veränderungen massiven Stress auslösen. Sowohl im privaten Umfeld, als auch in Schule und Berufsleben fehlt dadurch oft die nötige Flexibilität, um sich anzupassen.
Eine vorherige Ankündigung und langsam Gewöhnung kann hierbei helfen.
Aufgrund der andersartigen Reizverarbeitung im Gehirn, werden auch sensorische Reize wie zum Beispiel Licht, Geräusche oder Berührungen anders verarbeitet. Dementsprechend reagieren viele Betroffene auch anders darauf.
Was für andere Menschen noch im normalen Rahmen ist, kann für autistische Gehirne zu hell oder zu laut sein, ähnlich der Empfindungen bei starker Migräne.
Umgekehrt zur Überempfindlichkeit können Reize auch als wesentlich schwächer wahrgenommen werden, darunter zum Beispiel auch Schmerzen. In seltenen Fällen kann es daher auch zu ungewollter Selbstverletzung kommen.
Auch bei Arztbesuchen kann das relevant sein, und sollte daher erwähnt werden.
Viele Betroffene haben ein sogenanntes Spezialinteresse; es handelt sich hierbei um ein besonders intensives Hobby oder Interessensgebiet, das mit bis zu 30 Stunden pro Woche verfolgt wird. Oft verfügt die Person über ein enormes Wissen über das jeweilige Thema, manchmal auch über mehrere Themen. Teilweise sind es auch sehr spezifische Teilbereiche.
(Nicht zu verwechseln mit dem Savant-Syndrom)