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Während zu Beginn hauptsächlich die Beobachtungen von Patienten maßgeblich war, ermöglichten wissenschaftliche Errungenschaften im Laufe der Jahre eine genauere Untersuchung. Heute sind vor allem auch die neurologischen Unterschiede in den Vordergrund gerückt, und die Forschungen und Theorien beschreiten neue Wege.

Wir schauen uns auf dieser Seite den Wandel der Diagnose an, und die Meilensteine der Unterstützung dafür.


  • 1911

    Symptom der Schizophrenie

    Ursprünglich wurde Autismus nicht als eigenständiges Phänomen, sondern als Bestandteil einer psychischen Erkrankung gesehen. Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler prägte den Begriff “autistisch” als Symptombeschreibung der Schizophrenie. Hierbei bezog er sich vor allem auf die Zurückgezogenheit und das mit sich selbst beschäftigt sein, das er bei seinen Patienten beobachtete.

  • 1943

    Leo Kanner und Hans Asperger

    Während Bleuler Autismus als Symptom bzw. Vorstufe der Schizophrenie sah, waren für Leo Kanner die Kommunikationsprobleme und daraus entstehende Isolation sowie das Beharren auf Ritualen maßgeblich. Hans Aspergers Beobachtungen nach lagen die Probleme vor allem in der Kontaktaufnahme sowie sprachlicher Besonderheiten; ebenso beschrieb er “ein Missverhältnis zwischen dem Gedanklichen und dem einfachen praktischen Tun”, was sich motorischen Schwierigkeiten und sich wiederholenden Bewegungen äußerte.

    Nach Leo Kanner wurde das Kanner-Syndrom benannt, das auch als frühkindlicher Autismus bekannt ist.

    Nach Hans Asperger wurde das Asperger-Syndrom benannt, das häufig als “milde Form” des Autismus bezeichnet wird.

    Während sich beim Kanner-Syndrom erste Auffälligkeiten bereits vor dem dritten Lebensjahr zeigen und oft eine Intelligenzminderung und eine Verzögerung der sprachlichen Entwicklung vorliegen, geht das Asperger-Syndrom meist mit einer normalen bis erhöhten Intelligenz und guten Sprachentwicklung einher, wohingegen hierbei die sozialen Interaktionen mehr beeinträchtigt sind.

  • 1960

    “Kühlschrankmutter”-These

    Diese These wurde widerlegt

    Leo Kanner stellte die These auf, Autismus könne durch die sogenannte “Kühlschrankmutter” entstehen. Gemäß dieser These fehle die mütterliche Fürsorge und Wärme, stattdessen sei die Gefühlskälte der Auslöser. Er selbst zog diese These jedoch wieder zurück. Die These hatte zudem die Folge, dass der Autismus als Schuld der Eltern angesehen wurde, obgleich dies nicht zutreffend war. Seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass Autismus genetische Ursachen hat.

  • 1960

    ABA (Applied Behaviour Analysis)

    Diese Therapieform ist stark umstritten

    Die als ABA bekannte sogenannte Angewandte Verhaltensanalyse wurde vom klinischen Psychologen Ole Ivar Lovaas (1927-2010) aus Norwegen entwickelt. Nachdem das bis heute sehr umstrittene Prinzip zunächst über Belohnungen und Bestrafungen (teilweise sogar mittels Elektroschocks) angewandt wurde, gab es 1980 eine Überarbeitungen des Prinzips, sodass nun ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird. Nach eigenen Angaben von Lovaas konnten 1960-1970 gute Therapieerfolge bei Kindern erzielt werden; neuere Studien zeigen jedoch keine nachgewiesenen Erfolge bei Jugendlichen, Erwachsenen und intellektuell behinderten Menschen.

    ABA soll möglichst früh begonnen werden und setzt auf eine hohe Intensität mit ca. 20-40 Stunden pro Woche unter Einbeziehung der Eltern. Ziele sind der Spaß des Kindes an der Methode sowie das Schaffen der Motivation durch Belohnungen, wobei später ein schrittweiser Entzug derer zur Förderung der intrinsischen Motivation durchgeführt wird.

    Die Durchführung erfolgt kurz gesagt in drei Schritten:

    • Anweisung, was erwartet wird
    • Vorführung der auszuführenden Aktion
    • Nachahmung der Aktion , ggf. mit Hilfe

    Ziel: Förderung der Eigenständigkeit, bis keine Hilfestellung mehr nötig ist und der Zusammenhang eigenständig verstanden wird. Vorab erfolgt die Ermittlung des Wissensstandes, um eine individuelle und langfristig begleitete Durchführung mittels Einzelschritten bis zum Erfassen der Gesamtheit zu ermöglichen.

    Positiv: Verhaltenstraining um das Lernen zu lernen Kritik: Anpassung an die neurotypische Umgebung

    Es gibt derzeit mehrere Stellen in Deutschland, die dieses Verfahren anwenden, es ist jedoch nach wie vor massiv umstritten, da zum Beispiel in den USA zum Beispiel auch Elektroschocks Anwendung dabei finden.

  • 1970

    Bundesverband Autismus e.V.

    Viele Eltern autistischer Kinder erhielten die Diagnose, fanden jedoch keine Hilfe, meist blieb nur die Einweisung in eine Psychiatrie insbesondere bei stummen oder aggressiven Kindern übrig. Man informierte sich über die USA über Autismus, und gründete das erste Autismus-Therapie-Zentrum. Parallel hierzu wurde die Geschäftsstelle in Hamburg aufgebaut, veröffentlichte Informationsbroschüren und gründete Selbsthilfegruppen für betroffene Eltern.

    Alle drei Jahre finden Tagungen statt; zu Beginn fanden sich ca. 400 Teilnehmer ein, mittlerweile besuchen neben Eltern auch viele Fachleute die Tagung mit ca. 1.500 Besuchern.
    Derzeit gibt es 60 Regionalverbände in ganz Deutschland, später erfolgte die Gründung der Autismus Deutschland Akademie.

    “Der Bundesverband autismus Deutschland e.V. vertritt als Selbsthilfeverband die Interessen von Menschen mit Autismus und ihrer Angehörigen. Er betreibt umfassende Aufklärung über das autistische Syndrom und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse, veranstaltet Kongresse und Fachtagungen und gibt Bücher sowie Broschüren heraus. Außerdem fördert er Einrichtungen und Maßnahmen, die eine wirksame Hilfe für Menschen mit Autismus bedeuten.“ Quelle: https://www.autismus.de/ueber-uns.html

    Standorte und Informationen zu den Leistungen der Regionalstellen sind hier zu finden: https://www.autismus.de/ueber-uns/struktur-des-bundesverbandes/regionalverbaende-und-mitgliedsorganisationen.html

  • 1972

    TEACCH

    TEACCH steht für: Treatment and Education of Autistic and related Communication-handicapped Children und ist ein aus den USA stammender Ansatz zur Förderung, der sich vor allem auf die Kommunikation konzentriert.

    Das Forschungsprojekt entstand an der Universität von North Carolina in Chapel Hill und bezog vor allem die Eltern mit ein. Insbesondere angesichts der vorherigen These der “Kühlschrankmutter” (die sich teilweise bis heute hält, obwohl sie längst widerlegt wurde) war dies ein wichtiger Schritt, da wenige Jahre zuvor noch die Schuld bei den Eltern gesehen wurde.

    Es wurden TEACCH-Zentren gegründet, die umfassende, lebensbegleitende Programme anbieten. Hierbei arbeiten Betroffene, Angehörige und Fachleute zusammen. Zum Angebot gehören zum Beispiel Schulen, Werkstätten und Wohnheime. Vor allem das Verständnis für Autismus steht im Vordergrund. TEACCH ist eines der erfolgreichsten Programme der Welt für Autisten.

    Weitere Angaben finden sich hier: https://de.wikipedia.org/wiki/TEACCH

  • 1998

    Impfungs-These

    Diese These wurde widerlegt

    Andrew Wakefield ist ein Arzt aus Großbritannien, der aufgrund seiner fehlgeleiteten Ansichten ein Berufsverbot hat. Zudem waren bereits die invasiven Untersuchungsmethoden rechtlich nicht haltbar. Er gilt als Gründer der Impfgegner-Bewegung, obgleich seine Aussagen unmittelbar danach widerlegt und die Veröffentlichung zurückgezogen wurde.

    Er stellte die These auf, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Impfstoffen und der Entstehung von Autismus gebe; in Folge dessen ging die Zahl der Impfungen zurück. Auch hatte Wakefield ein Patent auf eine vermeintlich sicherere Alternativimpfung, welches er bei Veröffentlichung der These verheimlicht hatte. Wakefield legte 12 Fälle vor, bei denen es Zusammenhänge zwischen den Impfungen und dem Auftreten von Autismus gegeben haben soll. 2001 wanderte er von England in die USA aus, um dort 2005 seine Privatklinik zu eröffnen.

    Parallel dazu fanden bereits ab 2004 Nachforschung zu seiner These durch den Journalisten Brian Deer statt. Dabei stellte sich heraus, dass er Drittmittel von Anwälten erhalten hatte, die die Eltern autistischer Kinder vertraten. Zehn der 13 Mitautoren seiner veröffentlichten These traten daraufhin davon zurück. 2006 wurde bekannt, dass er Gelder von einer Anwaltskanzlei erhalten hatte.

    Im Jahr 2010 wurden dann seine Veröffentlichungen zurückgezogen und ein Berufsverbot gegen ihn ausgesprochen.

  • 2004

    Aspies e.V.

    Im Jahr 2004 wurde der Selbsthilfeverein von und für Autisten namens Aspies e.V. (Anlehnung an das Asperger-Syndrom) in Berlin gegründet. Er hat ca. 200 Mitglieder deutschlandweit. Die Ziele sind die Beantwortung von Fragen sowie die Förderung, Information und Aufklärung über Stärken und Fähigkeiten von Autisten.

    Aspies e.V. hat zudem ein Selbsthilfeforum mit 5.000 Mitgliedern und eine Vereinsbibliothek mit über 100 Fachbüchern (auch per Fernleihe).

    Es findet eine Zusammenarbeit mit anderen Verbänden statt, z.B.

    • Elternverband Autismus Deutschland
    • Auties e.V.
    • Aspergia e.V.
    • Autismus Verstehen e.V.
    • Lebenshilfe, Lebenswelten, Einzigartig Eigenartig
    • Initiativen zur beruflichen Eingliederung wie autWorker, Auticon, AuReA

    „Die Ziele des Vereins wurden zuletzt auf der Mitgliederversammlung 2008 beschlossen. Aspies e.V. fordert Teilhabe für Menschen im Autismusspektrum in allen Bereichen der Gesellschaft, sowie Mitsprache bei allen Angelegenheiten, die autistische Menschen betreffen. Aspis e.V. informiert über Autismus aus Sicht autistischer Menschen. Aspies e.V. fordert die wissenschaftliche Erforschung der Fähigkeiten autistischer Menschen und der Frage, wie autistische Menschen unter Anerkennung ihrer Besonderheiten erfolgreich in der Gesellschaft leben können.“

    Quelle: https://www.aspies.de/pdf/15-12-10-Flyer-UeberUns.pdf

    „Der Verein betreibt auf seiner Website eine bundesweite Adressdatenbank mit Adressen von Gesprächs-, Freizeit- und Selbsthilfegruppen für Menschen im Autismusspektrum, Gruppen für Angehörige autistischer Menschen, Ärzten und Therapeuten mit Erfahrung mit Menschen im Autismusspektrum, Adressen von Autismuszentren, anderen Organisationen und Adressen zum Thema Wohnen, Arbeit und Berufsberatung.“

    Quelle: https://aspies.de/angebote/angebote/

  • 2000

    Behindertenrechte

    Das “Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen”, auch bekannt als UN-Behindertenrechtskonvention, ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der von 182 Statten und der EU im Jahr 2008 geschlossen wurde. Hiernach werden Menschen mit Behinderungen nicht mehr als krank, sondern als gleichberechtigt gesehen. Da Autismus als Behinderung gilt, betrifft dies auch Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung. Insgesamt betrifft dies 650 Millionen Menschen weltweit.

    Sie beinhaltet zum Beispiel Folgendes:

    • Teilhabe an der Gesellschaft
    • Geschäftsfähigkeit (z.B. die Entscheidung bei medizinischen Maßnahmen)
    • Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen
    • Chancengleichheit (z.B. im Berufsleben)
    • Zugänglichkeit (z.B. für blinde Menschen, oder Rollstuhlfahrer)
    • Integrative Bildung (z.B. Nachteilsaugleiche)